Samstag, 18. Januar 2014

Besuch in der Hoelle


Die Figuren im Vordergrund sind etwa lebensgross
Kaffee, Toast, Butter, 2 Spiegeleier, Aprikosenmarmelade, Banane, Wassermelone, Papaya, Mango und Ananas.
Eigentlich habe ich die, mir bekannten, touristischen Ziele im Sueden Sri Lankas durch. Nahe dem Nationalpark in Uda Walawe, welchen ich letztes Jahr mit Robert und Helga besucht habe, gaebe es noch ein Elefantenwaisenhaus in Pinnawela. Mir scheint aber der ganze Rummel eher an den Interessen der Touristen orientiert und freilebende Elefanten habe ich eben in Uda Walawe schon erlebt. Da waere auch noch das "Hummanaya blow-hole" von Dikwella, finde ich aber auch nicht richtig spannend, ausserdem soll es seine ganze Attraktivitaet nur waehrend der Monsunsaison entfalten, und die ist gerade nicht. Besagte Robert und Helga haben mir aber von einem Tempel, ebenfalls Naehe Dikwella berichtet, dessen Buddhafigur man besteigen darf und wo mit seltsamen Skulpturen die Hoellenqualen suendiger Buddhisten dargestellt werden.

Christiane, in ehrfuerchtiger Betrachtung


Seit einigen Tagen ist Christiane aus Duesseldorf, von Beruf Gestalttherapeutin, in Puranagama meine Nachbarin auf Zeit. Da ich die anregenden Gespraeche mit ihr sehr schaetze und gemeinsame Ausfluege mehr Spass machen, frage ich sie, ob sie sich mir anschliessen wolle. Sie willigt ein, am naechsten Morgen nach unserem Fruehstueck und nachdem wir unsere Kleidung auf Tempeltauglichkeit ueberprueft haben, z.B. keine kurzen Hosen, geht es los.



Der Tempel von Wewurukannale (auf dem Link befinden sich ebenfalls Fotos, die einen guten Eindruck vermitteln) soll mit dem Threewheeler nur knapp eine Stunde entfernt sein, so bitten wir Manoj unseren Koch uns dort hin zu bringen. Die Fahrten mit dem Tuk-Tuk durch das Hinterland sind alleine schon immer Hoehepunkte, der Fahrtwind und die langsame Geschwindigkeit, die ganz andere Wahrnehmungen zulaesst, bereiten mir immer ein grosses Vergnuegen. Diesem Umstand entsprechend vergeht unsere Fahrt wie nix, wir biegen auf den Parkplatz vor dem Tempel ein und noch bevor wir aussteigen koennen, werden uns Lotusblumen als Opfergaben fuer Buddha angeboten. Da unser Besuch, zumindest fuer Christiane und mich, eher touristischen als spirituellen Charakter hat, lehnen wir dies dankend ab.

Tempelanlage Wewurukannale
Wir ersteigen die wenigen Stufen zum eigentlichen Tempelareal, Manoj will uns darauf hinweisen unsere Fuesse zu entbloessen, bricht aber mitten im Satz ab, als er sieht, dass wir dies schon unaufgefordert getan haben. Zur Rechten ist ein kleiner Turm, aus dessen Erdgeschoss ein grau- und langhaariger, aelterer Herr mit langem Bart und freundlichem Laecheln auf uns zu kommt und uns bittet  ihn in seine kleine Rezeption zu begleiten. Dort verlangt er jedem, nicht singhalesischem, Besucher etwas mehr als einen Euro als Eintritt ab und quittiert dies auf einem Vordruck.Obwohl meine Kamera, nicht als solche erkenntlich, noch in meinem Umhaengebeutel vor neugierigen Blicken verborgen ist, ruft der nette Herr mir noch hinterher, dass fotografieren erlaubt sei.

Wir betreten, ebenfalls ueber ein paar Stufen den Haupttempel. Im zentralen Raum mit ca 20 Meter Seitenlänge finden wir den liegenden, schlafenden Buddha und den sitzenden, meditiernden.

Warum der liegende Buddha schläft und nicht tot ist, habe ich schon an anderer Stelle erklaert (siehe Kommentare!). Jetzt moechte ich Eueren Focus auf die Handhaltung, sprich Mudras, des sitzenden Buddha lenken. Die Linke ist einfach zu interpretieren, die nach oben geoeffnete, auf dem Oberschenkel ruhende, Handflaeche ist die "Geste der Musse". Die rechte Hand haengt ueber das rechte Knie und beruehrt den Boden. Wenn dies mit allen fuenf Fingern geschieht, bedeutet dies die "Geste der Zeugenschaft", wo Buddha in einer Auseinandersetzung mit Mara die Erde als Zeugin anruft. Nun streckt unser Buddha in Wewurukannala aber den rechten Zeigefinger nach vorne. Ich habe mich schon bei meinem taeglichen Gespraechspartner Udite (spaeter mehr) erkundigt, der wusste aber auch keine Antwort, war sich aber sicher, dass dies eine andere Mudra waere, und will einen Moench danach befragen.


Um diesen zentralen Raum fuehrt ein Wandelgang, zu beiden Seiten mit Skulpturengruppen, in leicht uerbertriebener Lebensgroesse, die Szenen aus dem Leben Buddhas darstellen. Das ganze Gebaeude ist erst in den 60er, 70er Jahren des zwanzigsten Jahrhundert entstanden. Ich kann mich deswegen nicht des Eindrucks erwehren, als waeren hier gewisse Anleihen aus der damals entstehenden Pop-Art gemacht worden (kleiner Exkurs für die KunstgeschichtlerInnen unter meinen Lesern). Dies gilt auch fuer meinen spaeteren Besuch des Orkus, aber der Reihe nach.

Wir verlassen dieses Gebaeude, Christiane und ich wollen uns ueber das gerade Gesehene austauschen, da werden wir schon von einem, dem Kassierer aehnlichen, Herren zu einem kleineren Gebaeude gewinkt. Wir kommen dieser Einladung nach und betreten den aeltesten Teil der Tempelanlage. Der Hueter des Schrein weisst uns auf das Alter von ca 350 Jahren und auf die Zweiteilung in einen buddhistischen und hinduistischen Bereich hin. Zu seinen Aufgaben gehoert es offensichtlich auch Segnungen fuer die Besucher vorzunehmen. Zuerst wird zum Erhalt von Glueck ein Baumwollbaendchen unter Begleitung von Gebeten um das rechte Handgelenk geknotet. Mit aehnlichen Gebeten und Streichen ueber den Kopf des Klienten wird mit Hilfe von Asche (?) ein punktfoermiges Zeichen auf die Stelle zwischen den Augenbrauen appliziert, welches einem zu langem Leben verhelfen soll. Aufgrund meiner erheblichen Schweissabsonderungen verschwindet dies bei mir aber leider sehr schnell, ich hoffe, dies bedeutet nicht mein zeitnahes Ableben, ich habe schon noch einiges vor.
Yama, Herr der Unterwelt

Dermassen gestärkt koennen wir uns auf den Weg in die buddhistische Hoelle machen. Hier wird versucht sie in einem langen Tunnel darzustellen. Je zwei Figurengruppen, ebenfalls in leicht uebertriebener Lebensgroesse, zu beiden Seiten des Eingangs verkoepern den Hoellenfuersten Yama, seine dienstfertigen Daemonen und uns arme Suender.
Jetzt weiss ich auch, warum
unsere Skatrunde eingeschlafen ist
Im weiteren Verlauf sind es dann Gemaelde im naiven Stil, die zuoberst die Art der Suenden abbilden, darunter die jeweilige Bestrafung.
Der Hoelle ohne wahrnehmbaren Schaden entronnen, naehern wir uns der, weithinsichtbaren, mit 50 Metern hoechsten Buddhastatue in Sri Lanka. An die Rueckseite wurde ein achtstoeckiges Treppenhaus, innen wiederrum mit Szenen aus dem Leben Buddhas bemalt, gebaut, ueber das man auf die Hoehe des Kopfes gelangt. Dieser ist hohl, und durch ein rundes Fenster kann man sehen, dass er mit vielen kleinen Buddhastatuen gefuellt ist. Gemaess einiger Touristenfuehrer soll der Ausblick spektakulaer sein, meiner Erfahrungen in Madunagala und Mulkirigala entsprechend, kann ich das nicht nachvollziehen.

Inzwischen hat es leicht zu regnen begonnen, wir versuchen unser Tuk-Tuk und in der Folge auch Puranagama schnell zu erreichen.

Reis, Scampi, Stringbeans, "schaut aus wie Sternfrucht", Kartoffeln, Endiviensalat, Papadam, ein halbes Lion-beer (hat Christiane spendiert), Schokoladeneis.

Halb Bayern kaeme in die Hoelle...
kommen sie auch so, denke ich?
Das mit dem Grillen im Sommer
sollten wir uns auch nochmal ueberlegen!

Schuhe, kurze Hosen im Tempel?
Noe, noe!

2 Kommentare:

  1. Hölle für: Milchflaschen tragend mit nur einem Schnupftüchlein um den Leib herumlaufend...kann Hölle bedeuten in Bayern. Der in der Mitte ist definitiv ein Fußballspieler, ich würde sagen ein Loddar lookalike...und das rechts sind keine Dornen, sondern umgekehrte Chillischoten, zu stark gewürzte Bratwürste wäre meine Meinung.
    Buddhas Kopf ist hohl mit lauter kleinen Buddhas drin, die auch wieder hohl...hmmm...schierig das ist mit den Religionen.
    Yama sieht ein wenig aus wie ein mahnender Bademeister in Disneyland: "noch einmal Seife in den Wasserspender, dann gibbet Fußmassage Marke Morgenstern."

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  2. Lieber Klaus, lang ersehnt - wunderbar - so viele Antworten auf so viele Fragen mit so vielen neuen Fragen. Ich finde sowohl das Hemd (Farbe) als auch die Short (wie der Franke sagt) (Muster) von Loddar lookalike ziemlich eklig. Ich versteh auch nicht genau, warum er sich in den Schritt faßt. Vielleicht weil er den Tempel mit Schuhen betreten hat? Oder weil er sich schon auf die SM-Sauna freut? Jedenfalls ein sehr aufregender Ausflug! Vielen Dank für den Bericht. Und fall bitte nicht so bald wieder in die Arrak-Flasche. Wir wollen hier schließlich auch ein wenig unterhalten werden. Bircher-Muesli mit Ingwer-Wasser.

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